Montag, 7. April 2008
Schiff wird zum Rettungsboot -Teil 3
So sind die althergebrachten Rettungsboote, die entlang der Reling jedes Fähr- und Kreuzfahrtschiffes hängen, nur bei ruhiger See nützlich. Wie sich Rettungsboote in aufgewühlter See verhalten, weiß niemand so genau. "Es gibt einen erklärlichen Widerstand dagegen, Rettungsboote in hoch gehender See zu testen, also in genau der Situation, in der sie angewendet werden sollen", stellt Rutgersson fest. "Die Rettungs- übungen, die man heute macht, finden im Hafen statt, wo man in aller Ruhe zuschauen kann."

Lernen von Estonia

Die Vorschriften der IMO, der Internationalen Maritimen Organisation, verlangen zwar, daß Rettungsboote auch noch bei drei Meter Wellenhöhe problemlos eingesetzt werden können. Doch getestet hat das niemand. Als einige der riesigen Finnlandfähren damals der sinkenden "Estonia" in der aufgewühlten Ostsee zu Hilfe kamen, war das Meer voll von treibenden Menschen und meist leeren Rettungsinseln. Die Kapitäne konnten nur zuschauen, denn keiner wagte es, selbst ein Rettungsboot zu Wasser zu lassen, aus Angst, das Leben der eigenen Besatzung zu gefährden. Wenn ein Schiff nämlich "rollt", seitlich in den Wellen schaukelt, knallen die Rettungsboote beim Herablassen mit ungeheurer Wucht gegen die Bordwand. Werden die Boote nicht schnell genug herabgelassen, pendeln sie zu lange in den Wellentälern und die nächste Welle reißt sie um. Wird dagegen zu schnell zuviel Draht abgerollt, verheddern sich die Boote und kentern, noch bevor sie unten sind. "Es gibt kein Rettungssystem, das die Forderung der IMO erfüllt", urteilt Rutgersson.

Auch aufblasbare Rettungsinseln helfen nicht. Rettungsrutschen, wie sie in Flugzeugen installiert sind, knicken immer wieder ab und schleudern die Passagiere in hohem Bogen ins Wasser. "Um aufblasbare Rettungssysteme nutzen zu können, muß man deren Gebrauch vorher trainiert haben. Die einzigen Systeme, die derzeit wirklich funktionieren, sind die frei ins Wasser fallenden, völlig geschlossenen Boote."

Schiff wird zum Rettungsboot -Teil 4